Denkanstoß zur Himmelfahrt
Der frühere Generalsekretär der Sowjetunion Breschnew war über die Tage von Christi Himmelfahrt zu einem Staatsbesuch in Deutschland. Auf seine Frage: „Warum sind denn die Geschäfte in der Stadt heute alle geschlossen?“ erhielt er die Antwort: „Heute ist Himmelfahrt.“ Da der russische Dolmetscher damit nichts anfangen konnte, übersetzte er: „Weil heute der Tag der Luftfahrt ist.“ Ähnlich machen es heute viele Zeitgenossen. Aus Himmelfahrt wird ganz einfach Vatertag. Der Tag, an dem Männer zunächst mehr und zuletzt weniger nüchtern durch Wald und Flur streifen.
Auf einer Internetseite wurden Unterschriften gesammelt, um den Feiertag „Christi Himmelfahrt“ offiziell in E-day – „Evolutionstag“ umzudeuten. Als Begründung hieß es unter anderem, dass die Mehrheit der in Deutschland lebenden Christen nicht mehr an das Glaubensdogma der leiblichen Auffahrt Jesu in den sogenannten „Himmel“ glaubt. Und dass es sich daher anbietet, an die Stelle eines überkommenen Mythos einen Gedenktag zu setzen, der von der Mehrheit der hier lebenden Menschen nachvollzogen werden kann.
Dabei sind die Fakten über Christi Himmelfahrt eindeutig. Als Jesus am Kreuz starb, dachten alle, das sei das endgültige Ende. Aber die Jesusgeschichte hat eine Fortsetzung. Nach seiner Auferstehung trifft er sich immer wieder mit seinen Leuten. Bei seinem letzten Treffen erklärt er: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden“. Dann schickt er seine Nachfolger los - in die ganze Welt – damit alle Menschen die Botschaft seiner Liebe hören können. Und verspricht ihnen, immer und überall für sie da zu sein. Bis zum Ende der Welt.
Es wurde schon viel darüber gerätselt, wie sich die Himmelfahrt praktisch abgespielt hat. Wurde für Jesus die Erdanziehungskraft aufgehoben? Jesus ist aber nicht in rasender Fahrt im Universum entschwunden, sondern in die unsichtbare Welt Gottes aufgenommen worden. Er ist aus der sichtbaren Welt zum Vater im Himmel heimgekehrt. (So kann man den „Vatertag“ ja auch deuten.) Deshalb kann die Himmelfahrt Jesu nicht naturwissenschaftlich erklärt werden.
Im Englischen gibt es für unseren Begriff „Himmel“ zwei Worte; „sky“ bezeichnet den Wolken- und Sternenhimmel und „heaven“ die Sphäre Gottes. Man spricht von der New Yorker Skyline, aber man betet zum Vater „in heaven“.
Als die Jünger noch verträumt in die Wolken schauen, in denen Jesus verschwunden ist, holen zwei Boten Gottes sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Schließlich sollten sie nicht Himmelsgucker und Jenseitsträumer, sondern Boten des Himmels auf dieser Erde sein. Die Augenzeugenberichte der Himmelfahrt enthalten den Zündstoff, der die Mauern der Resignation und Verzagtheit sprengt und Zuversicht freisetzt.
Wir haben einen direkten Draht zu dem, auf den es ankommt.
Wer Jesus gehört, hat Kontakt zu dem, der ganz oben ist. Und der, der ganz oben ist,
der hat ein offenes Ohr gerade auch für die, die ganz unten sind. Nun muss niemand
mehr mutlos werden; keiner muss verzagen. Jesus ist nicht im Ruhestand, sondern
immer in Rufweite. Deshalb ist Beten kein Selbstgespräch. Wo wir beten, öffnen
sich ungeahnte Möglichkeiten.
Wir werden erwartet!
Als Jesus seine Jünger auf den Abschied vorbereitete, tröstete er sie mit
dem Versprechen, dass es ein Wiedersehen gibt. „Ich will wiederkommen und
euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin“ versprach er ihnen. Jesus ging in
die himmlische Welt voraus, um eine Wohnung im Vaterhaus Gottes für mich
vorzubereiten. Ich stelle mir vor, dass mein Name schon am Klingelknopf
steht, sollte es an den himmlischen Wohnungen Klingeln geben. Wir kommen auch nach
dem Sterben in vorbereitete Verhältnisse! In eine perfekte Wohnung beim
Vater im Himmel.
Wir müssen nicht verzagen!
Die Himmelfahrtsbotschaft im Römerbrief beginnt mit der Frage (8,34): „Wer will verdammen?“
Mir fallen da genügend Dinge ein, die mich vor Gott verdammen könnten:
Böses, was ich getan und Gutes, was ich unterlassen habe. Verletzende Worte,
die ich gesagt und ermutigende Worte, die ich nicht gesagt habe. Schlechte Gedanken,
die ich gedacht und positive Gedanken, die ich mir nicht gemacht habe.
Gott sei Dank heißt es seit Himmelfahrt: „Christus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes sitzt und uns vertritt!“
Jesus ist hier! ER tritt für mich ein! Christus hat unsere Vertretung vor Gericht übernommen. Wir brauchen nicht vor unserer Schwachheit und unserem Versagen zu kapitulieren.
Was an Himmelfahrt begonnen hat, wird am Ende unserer Zeit vollendet:
„Jesus Christus herrscht als König, alles wird ihm untertänig, alles legt ihm
Gott zu Fuß.“
Ihr/Euer Ernst Günter Wenzler