Gott spricht: Ich will dich mit meinen Augen leiten. Psalm32.8

Denkanstoß zu Pfingsten

Am Abend des ersten Wochentags kam Jesus durch ver­schlos­sene Türen (Joh.20,19). Gemeint ist damit ein­deutig der Abend des Oster­tages. Und er spricht: „Empfanget den Heiligen Geist!” (Joh.20,22).

Was stimmt denn da? Werden wir durch das heutige Evan­gelium um fünfzig Tage zurück­geworfen? Was hat denn Pfingsten mit Ostern zu tun?

Pfingsten ist in erster Linie ein Herren­fest, ein Fest des Auf­erstan­denen. Es lohnt, diesen Zu­sam­men­hang anzu­schauen. Jesus kommt also am Oster­abend durch ver­schlos­sene Türen zu den von seinem Tod noch tief ver­stör­ten Jüngern. Er begrüßt sie mit dem Frie­dens­wunsch und weist sich gleich­sam durch die Wund­male an Händen und Seite aus. Dann haucht er sie an mit den Worten: „Empfangt den Heiligen Geist!”

Sowohl in den hebräisch wie in den griechisch ver­fassten Büchern der Heiligen Schrift bedeutet “Geist” - rûach, pneuma - so viel wie “Wind­hauch”, “Lebens­odem”, “Atem”, “gött­liche Kraft”. Als Mönche im 8. und 9. Jahr­hundert in ihren Kloster­schreib­stuben das latei­nische spiritus sanctus in ihre Mutter­sprache zu über­setzen ver­suchten, nannten sie es im ober­deutschen Sprach­raum “heilag atum”, “heiliger Atem”. Sie trafen damit ziemlich genau den bibli­schen Sinn von “Geist”. Atem als Bild für Gottes Geist geht aus von der Erfah­rung, dass wir nicht leben können, ohne zu atmen. Ich habe gelesen, dass im Alt­japa­nischen “Leben” die “Macht der Atmung” bedeutet.

Pfingsten – das Thema des Festes ist das Geheim­nis des Lebens. Für die Jünger bedeutet dies, zu erfahren, dass Jesus ihnen durch seine Auf­er­stehung und Himmel­fahrt nicht ent­zogen ist, sondern dass die Aus­schüt­tung des heiligen Geistes gleich­sam eine Tür ist, durch die er erst wirk­lich zu ihnen kommt. Bisher haben sie ihn nur so erlebt, wie wir alle ein­ander erleben, wenn wir uns treffen, mit­einander reden und uns wieder trennen, ein­gebun­den in Raum und Zeit, von­einander geschie­den durch unsere Indi­vidua­lität. Jetzt aber sind sie im wahrsten Sinne des Wortes be-geistert.

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Sonnenuntergänge begeistern mich. Wie oft habe ich über die Farben­viel­falt gestaunt und war faszi­niert von dem grandi­osen Natur­schau­spiel. Neu­ge­borene be­geistern mich. Immer wieder bin ich ver­zaubert vom Wunder des Lebens. Und beein­druckt über die groß­artigen kleinen Origi­nale “Made by God”. Gutes Essen be­geistert mich. Wenn ich an Jäger­braten, Spagetti Carbo­nara oder eine feurige Pizza denke, läuft mir das Wasser im Mund zusammen.

Wenn ich aber sage: “Gott begeistert mich” dann ist das aller­dings etwas ganz anderes. Diese Be­geisterung ist mit nichts zu ver­glei­chen. Gottes Macht und seine Größe sind un­fass­lich. Seine Barm­herzig­keit und Treue sind un­begreif­lich. Ich komme nicht aus dem Staunen heraus, wenn ich an seine Heiligkeit und Liebe denke.

Gott hat mich nicht nur emotional begeistert, son­dern mit sei­nem Heiligen Geist be­schenkt. Deshalb ist die Be-geisterung durch und über Gott nicht von äußeren Fak­toren ab­hängig. Sie bleibt, auch wenn das Gefühl im Keller ist. Gottes Geist schenkt uns die innere Gewiss­heit, dass wir Gottes Kinder sind. Dieses Wissen stärkt mich, wo ich ver­zagt bin, trägt mich, wenn ich zweifle und hält mich, wenn ich haltlos werde.

Durch seinen Geist hilft uns Gott, dass wir sein Wort ver­stehen. Sein Geist führt und leitet uns. Er rüstet uns aus und gibt uns den Mut, dass wir uns zu Jesus bekennen. Wer Gottes Geist hat, darf ganz un­kompli­ziert “drauf­los beten”. Der Heilige Geist “dolmetscht” unser Bitten vor Gott.

Sind Sie schon begeistert? Begeistert über Gott, der uns seinen Heiligen Geist gibt? Ohne Leistung? Einfach so? Jesus, der Sohn Gottes, hat es so aus­ge­drückt: „Der Vater im Himmel gibt den Heiligen Geist denen, die ihn bitten.” (Lk.11,13)


Ihr/Euer Ernst Günter Wenzler